Nachhaltigkeitstransformation

Nachhaltigkeitstransformation? asap!

2022-03-29 11:15
5 Minuten

Geschrieben von
VERONIKA MOHR

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Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, hinsichtlich ihrer Wirkung auf Umwelt und Klima transparenter zu werden. Die EU-Taxonomie erhöht diesen Druck weiter und nutzt die Finanzmärkte als zentralen Hebel dazu, indem sie dafür sorgt, dass Nachhaltigkeitsrisiken in die Bewertung von Investitionen einbezogen werden. Damit Nachhaltigkeitsrisiken bewertet werden können, braucht es die oben genannte Transparenz – durch die nicht-finanzielle Berichterstattung, die durch die europäische CSRD für deutlich mehr Unternehmen verpflichtend werden wird. So wird es für Unternehmen strategisch relevant, Nachhaltigkeitsrisiken zu reduzieren, wollen sie ihren Zugang zu Kapital zu wirtschaftlichen Konditionen aufrechterhalten. Auch das deutsche Lieferkettengesetz und dessen Sorgfaltspflicht betrifft unmittelbar größere, mittelbar aber ebenfalls kleine und mittelständische Unternehmen, wenn sie Teil der Lieferkette größerer Unternehmen sind. Im B2C-Geschäft kommt die Veränderung der Kund:innenpräferenzen hinzu: Dreiviertel der Verbraucher:innen achten auf die Nachhaltigkeit der Produkte, die sie einkaufen. Fast die Hälfte gibt seit Beginn der Coronapandemie auch mehr Geld dafür aus (McKinsey 2021). Dringlichkeit und Wichtigkeit sind für Unternehmen bei der Nachhaltigkeitstransformation also gegeben. Nun müssen sie handeln – asap.

Im ersten Schritt geht es für Unternehmen darum zu evaluieren, welche regulatorischen sowie weiteren veränderten Anforderungen durch Geschäftskund:innen beziehungsweise Endverbraucher:innen für sie relevant sind. Dazu gehört auch eine Abwägung der möglichen Berichtstandards, die über gesetzliche Vorgaben hinaus erfüllt werden können (Stichwort Transparenz), da sich diese zum Teil erheblich unterscheiden. Im zweiten Schritt sollten Unternehmen messen und evaluieren, wie sie aktuell performen und die Ergebnisse in die Berichterstattung einbeziehen. Außerdem sollten daraus strategische Nachhaltigkeitsziele abgeleitet werden, die das Unternehmen auf die richtige Entwicklungsspur ausrichten.

Sind die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens formuliert, geht es an die Umsetzung. Damit diese gelingt und die Ziele erreicht werden, ist es zentral, die Mitarbeiter:innen mitzunehmen. Verschiedene Studien zeigen, dass:

  • Die Partizipation von Mitarbeiter:innen wichtige Ergebnisse wie den effizienten Ressourcenverbrauch, Müll- und Emissionsreduktion verbessert (Florida & Davidson 2001, May & Flannery 1995, Denton 1999).
  • Branchen mit den größten Nachhaltigkeitsbemühungen auch die weitreichendsten Formen von Partizipation aufwiesen (Markey et al. 2016).
  • Firmen den „grünen Wettbewerbsvorteil“ umso besser nutzen können, desto mehr Mitarbeiter:innen an der strategischen Integration von Nachhaltigkeitsbestrebungen partizipieren (Brio & Junquera 2007, Iraldo et al. 2017, Wee & Quasi 2005).

Mitarbeiter:innen aktiv in die strategische Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele einzubinden bedeutet, ihr implizites Wissen zu nutzen (Boiral 2002, Rothenberg 2003), sie zu ermächtigen, Verbesserunsvorschläge einzubringen (Denton 1999, Kitazawa & Sarkis 200) und eine Organisationskultur zu fördern, die der Verbesserung der Nachhaltigkeit dient (Kitazawa & Sarkis 2000, Stone 2000).

Nachhaltigkeitstransformation ist also nicht nur eine technische, sondern auch explizit eine kulturelle und organisatorische Herausforderung für Unternehmen.

Ganz offensichtlich wird dies, wenn Nachhaltigkeitsmanager:innen einen CSR-Bericht erstellen dürfen, und es eine ihrer größten Hürden ist, den Kolleg:innen „hinterzurennen“, um relevante Daten in der benötigten Qualität zu erhalten. Dadurch, dass Nachhaltigkeit nicht als gelebter der Wert und konkretes Ziel für die Mitarbeiter:innen verankert ist, sind Nachhaltigkeitsmanager:innen allzu häufig Einzelkämpferin. Der Sustainability Management Monitor 2021 bestätigt dieses Bild: Nur 2 Prozent der Unternehmen gaben an, dass Nachhaltigkeit in allen Bereich voll und ganz verankert sei.


Grafik: Eigene Darstellung basierend auf Kunzlmann, Edinger-Schons & Kraemer (2021).

Als Einzelkämpfer:in kann man jedoch keine Transformation erreichen. Findet sich Nachhaltigkeit nicht in Unternehmensstrategie, Führungsstil (Verzahnung von Strategie mit dem Unternehmensalltag) sowie Kultur und Prozessen wieder, erschwert dies das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele erheblich. Um die eigene Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich umzusetzen, sollten sich Unternehmen also offen und ehrlich fragen: „Wie machen wir das aktuell bei uns? Und wie wollen wir das machen?“

Bei der Beantwortung dieser zweiten Fragen kann ein Blick in den agilen Methodenkoffer helfen.
Die Entwicklung und Nutzung agiler Methoden begann in den 1990er Jahren im Kontext der Softwareentwicklung. Die technologischen Möglichkeiten, Rahmenbedingungen und Bedürfnisse der Kund:innen entwickelten sich so schnell weiter, dass Software zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung nicht mehr brauchbar war.  Die Nachhaltigkeitstransformation ist zwar eine andere Herausforderung, hat jedoch ähnliche Charakteristika.


Grafik: Eigene Darstellung.

  1. Agilität hilft Unternehmen dabei, mit komplexen Herausforderungen wie der Nachhaltigkeitstransformation umzugehen

Agil zu arbeiten bedeutet, iterativ zu arbeiten: Ideen und Lösungsansätze zu testen, die Erkenntnisse daraus zu evaluieren und basierend darauf Ideen und Lösungen weiterzuentwickeln. Diese Arbeitsweise ermöglicht es, in einem komplexen, mehrdeutigen sowie sich schnell entwickelnden Umfeld handlungsfähig zu sein und sich Stück für Stück vorzutasten. Zudem bleibt die Anpassungsfähigkeit erhalten, da es keine von langer Hand durchgeplante Lösung gibt, die im Anschluss konsequent und plangetreu umgesetzt werden muss. In Zeiten von großen Umbrüchen wie der Nachhaltigkeitstransformation, die von beständigen Umfeldveränderungen – sei es regulatorisch, physisch oder marktbezogen – geprägt ist, ist eine solche Anpassungsfähigkeit und ein organisationales Lernvermögen von größter Wichtigkeit für den unternehmerischen Erfolg.

  1. Mitarbeiter:innenpartizipation bedeutet Kollaboration – agile Arbeitsweisen unterstützen diese explizit.

Agile Arbeitsweisen setzen auf interdisziplinäre Kollaboration, damit sie die oben angesprochene Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit überhaupt erreichen können. Sie schaffen dafür Prozesse, Strukturen und Kultur, die richtigen Rahmenbedingungen also. Wie oben erläutert, ist die Mitwirkung von Mitarbeiter:innen zentral für das erfolgreiche Erreichen von Nachhaltigkeitszielen. Es braucht demnach genau diese interdisziplinäre Kollaboration über Abteilungsgrenzen hinweg. Sonst können die Beiträge, Ideen und Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter:innen nicht effektiv genutzt werden – oder sie bleiben ganz aus, da sie nicht verstehen, wie ihr persönlicher Beitrag zur Nachhaltigkeitstransformation aussehen kann.

Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir bei The Morph Company den asap Agile Sustainability Approach entwickelt. Er macht den agilen Methodenkoffer für die Nachhaltigkeitstransformation nutzbar:


Grafik: Eigene Darstellung.

asap fokussiert dabei auf zwei Dimensionen: innen und außen. Nach innen gerichtet gilt es, die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens effektiv umzusetzen (Strategie) und  die Mitarbeiter:innen durch agile Arbeitsweisen bei der Erreichung der strategischen Nachhaltigkeitsziele einzubinden und mitzunehmen (Kultur). Eins der konkreten Tools hierfür sind Nachhaltigkeits-OKRs, ein agiles Zielmanagementsystem, das Ownership für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele erzeugt und abteilungsübergreifende Kollaboration fördert.

Nach außen gerichtet geht es darum, die Kund:innen in der Nachhaltigkeitstransformation mitzunehmen. Damit meinen wir nicht Marktingmaßnahmen, sondern den konkreten Mehrwert, den Unternehmen ihren Kund:innen bieten – durch die Produkte und Dienstleistungen, ihr Kerngeschäft. Um weiterhin am Markt relevant zu bleiben, müssen Unternehmen gezielt Kund:innenbedürfnisse und Nachhaltigkeitsziele in die Produkt- und Serviceinnovation einbeziehen (Innovation). Das Motto lautet: „aktiv statt reaktiv“. Und auch hierfür sind agile Arbeitsweisen äußerst hilfreich. Methoden aus dem Design Thinking wie User Research, Personas oder Customer Journeys helfen dabei, zu verstehen, wie die veränderten Bedürfnisse der Kund:innen aussehen, basierend hierauf schnell Ideen zu entwickeln und diese durch Tests mit der Zielgruppe zu konkretisieren (Need-Solution-Fit  Um zu verstehen, ob die jeweilige Idee wirtschaftlich am Markt platzierbar sind, gilt es einerseits, durch Trendanalysen das Marktpotenzial zu verstehen und andererseits durch schnelles Testen, etwa mithilfe des Lean Start Up Ansatzes, die Markttauglichkeit zu überprüfen (Product-Market-Fit). Gleichzeitig müssen die Nachhaltigkeitsziele, die sich das Unternehmen gesetzt hat, in die Produkt- und Geschäftsmodellentwicklung miteinfließen. Das geht zum Beispiel durch Methoden wie Circular Thinking oder den Sustainable Business Model Canvas (Product-Sustainability-Fit). Innovationsprojekte können dabei innerhalb des Unternehmens, aber auch im Sinne von Open Innovation gemeinsam mit strategischen Partner:innen aus dem Ökosystem des Unternehmens gestaltet werden. Wie können solche Innovationsprojekte konkret aussehen?

Zusammenfassend geht es für Unternehmen darum, jetzt ins Handeln zu kommen – um auf regulatorische, physische und marktbezogene Veränderungen nicht nur zu reagieren, sondern sie frühzeitig strategisch zu integrieren und sich so Wettbewerbsvorteile zu sichern. Damit das Unternehmen dabei anpassungsfähig bleibt, die Mitarbeiter:innen, aber auch die Kund:innen mitnehmen kann, macht der asap Agile Sustainability Approach den agilen Methodenkoffer für die Nachhaltigkeitstransformation nutzbar.

 

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