Menschzentrierte Organisationsentwicklung – das „DT“ in unserer DNA
Abbildung 1: Die drei Kernelemente oder „P“s des Design Thinking, Place, People und Process, wie sie bspw. an den Design Thinking-Instituten in Stanford und Potsdam gelehrt werden. „Place“ steht dabei für für den Arbeitskontext, sowohl räumlich als auch technologisch und kulturell; „People“ für den starken Fokus auf Kollaboration, diverse Teams und die am Prozess beteiligten Menschen; und „Process“ für die bewusste Struktu-rierung des kreativen Arbeitsprozesses und die dafür eingesetzen Methoden
Unser Organisationsentwicklungsansatz basiert stark auf den Prinzipien des Design Thinking (DT). Darunter verstehen wir vor allem ein primär nutzer-, oder, noch etwas weiter gefasst: menschenzentriertes, empathisch erkundetes Problemverständnis, sowie das Vertrauen in die Effektivität kreativer Kollaboration und Ko-Kreation sowie eine hohe Bereitschaft zum Experimentieren und iterativem Lernen; denn nur so erhält man nicht nur momentär attraktive, sondern auch nachhaltig nutzerrelevante und bereits gegen die Organisationsrealität getestete Lösungen.1
Zusätzlich zu diesen Prinzipien liegt im Design Thinking, insbesondere in der HPI-Stanford-Tradition, aus der wir stammen, ein besonderes Augenmerk auf den drei „P“ als Kern-Wirkorte der methodischen Herangehensweise: Place (Arbeitskontext), People (beteiligte Menschen) und Process (Prozess & Methoden; siehe Abbildung 1). Denn die Menschenzentriertheit des Design Thinking-Ansatzes erschöpft sich nicht in der Empathie für die – das Produkt des Prozesses empfangenden – Nutzer:innen, sondern umfasst auch zugleich die Arbeitsweise und Kultur im Team und der Organisation selbst. Die methodischen und ideologischen Grundlagen des Design Thinking gehen dabei beispielsweise bis auf die interdisziplinären und integrierten Lehr- und Arbeitsinnovationen der Bauhaus-Bewegung zurück (s. Meinel, Weinberg, Krohn, 2005). Denn sowohl die Grundidee als auch die transformative Wirkung des Design Thinking-Ansatzes zielen in erster Linie nach innen, in das damit arbeitende Team und die anwendende Organisation gleichermaßen. Er kann somit entscheidend dazu beitragen, durch Ermächtigung und Befähigung von Individuen, Teams und Führungskräften neue Arbeitsstrukturen zu etablieren und Innovationskräfte freizusetzen.2
Im Gegensatz zu herkömmlichen, ausschließlich top-down konstruierten Organisationsentwicklungs- und Change-Management-Ansätzen setzen wir mithilfe der Prinzipien des Design Thinking auf einen befähigenden, menschen- und nutzerzentrierten Ansatz, der die Problemlösungskompetenzen der Mitarbeitenden selbst aktiviert und nutzt. Wir arbeiten in diesem Sinne nicht für unsere Projektpartner:innen, sondern mit ihnen. Dies bedeutet eben nicht nur, die Mitarbeitenden und Auftraggebenden als die Hauptnutzer:innen jeglicher Veränderungsmaßnahmen zu betrachten, sondern vor allem auch durch partizipative und ko-kreative Formate und Maßnahmen immer wieder mit in die Gestaltung des Veränderungsprozesses zu holen.3 Dies bewirkt nicht nur eine höhere Akzeptanz, sondern zugleich auch ein Gefühl der Teilhabe und Mitverantwortung für das Gelingen solcher Prozesse.
Ganz im Geiste agiler Prinzipien wie „individuals and interactions over processes and tools“4 heißt das für uns auch, dass wir sowohl unser Vorgehen als auch unsere Methoden laufend mit unseren Projektpartner:innen abstimmen. Damit kann sich mitunter auch verändernden, Ziele und Prioritäten Sorge getragen werden und ermöglicht eine kontinuierliche dynamische Adaptivität. Ein stets auf die individuelle Organisationskultur und -ziele angepasstes und iteratives Vorgehen sorgt auch dafür, dass Ergebnisse nicht erst am Ende des Veränderungsprozesses stehen, sondern Offenheit für Veränderungen und Verbesserungspotentiale erkennen bereits im Kleinen immer wieder getestet und eingeübt werden. Geschickt designte Interventionen helfen dabei nicht nur, dem gewünschten Ziel näherzukommen, sondern auch, fortlaufend mehr über implizite und explizite Strukturen, Prägungen und Bedürfnisse der Organisation und der sie ausmachenden Menschen und Teams zu lernen.
Unser Vorgehen lässt sich dabei als „diagnostisch-dialogisch“ charakterisieren, da wir analytisch sowohl quantitativ als auch qualitativ arbeiten und diese Daten stets miteinander und mit dem Status des Prozesses in Bezug setzen. Dadurch entsteht ein ganzheitliches, dynamisches Abbild der Organisation mit all ihren Menschen, Kennzahlen, Strukturen und Prozessen, das Veränderung und gegenwärtige wie zukünftige Möglichkeitsfelder mitdenkt. Organisationsentwicklung heißt daher für uns auch immer Kulturentwicklung. Dies bedeutet eine behutsame Weiterentwicklung und Modernisierung der „Sammlung von Traditionen, Werten, Regeln, Glaubenssätzen und Haltungen, die einen durchgehenden Kontext für alles bilden, was wir in dieser Organisation tun und denken“.5 Dabei geht es nicht von einem „So machen wir das hier“ zu einem anderen „So machen wir das jetzt“, sondern vielmehr um die Entwicklung hin zu Raum für „Was, wenn wir es so machen würden“ oder „Wie würdest Du es machen?“
Abbildung 2: Zukunftsfähige Organisationen bringen menschliche Wünschbarkeit und technologische Machbarkeit mit ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit wirkungsvoll zusammen.
.1 Gerade im Hinblick auf Arbeitgeberattraktivität und die Aktivierung der vorhandenen Kreativität und Problemlösungskompetenzen der bestehenden Organisationsmitglieder ist solch eine Offenheit essentiell. Denn sie öffnet erst den Raum für die Mitarbeitenden aller Ebenen, sich als Teilhabende an der Gestaltung von Kultur ebenso wie der Unternehmensentwicklung zu erleben. Dieses Gefühl der Teilhabe im Großen ebenso wie das tägliche Erlebnis der Wirksamkeit im Kleinen ergibt zusammen das, was neudeutsch mit purpose umschrieben wird – das Gefühl, einer sinnvollen Arbeit nachzugehen. In Zusammenwirkung mit den drei Dimensionen von Nachhaltigkeit – ökonomisch, ökologisch und sozial – und technologisch-methodischem Know-How entsteht so, ausgehend von einer menschenzentrierten Perspektive, die nach innen wie nach außen zukunftsfähige Organisation (s. Abbildung 2).
1 Brown, 2008, 2009; Badke-Schaub, Roozenburg, Cardoso, 2010; Carlgren, Rauth, Elmquist, 2016; Brenner, Uebernickel, Abrell, 2016
2 S. die Forschung, Artikel und Vorträge von Prof. Jeanne Liedtka zum „ROI of Design Thinking“, z.B. in der Harvard Business Review (2018: https://hbr.org/2018/09/why-design-thinking-works) oder auf Mural: https://www.mural.co/blog/maximizing-the-roi-of-design-thinking-livestream-recap
3 S. Endrejat (2017) in der Fachzeitschrift Gruppe.Interaktion.Organisation.
4 Manifesto for Agile Software Development (2001): https://agilemanifesto.org/
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