Der Umgang mit Widerstand auf Veränderungsdruck im Unternehmen
Man kann es schon fast nicht mehr hören und dennoch, der Veränderungsdruck auf Unternehmen ist dramatisch. Digitalisierung, Klimawandel und die Corona-Pandemie werfen dezidierte Handlungsfelder auf, in denen sich Unternehmen weiterentwickeln müssen.
Doch wo und wie fängt man an?
Ich beschreibe diese Situation gerne als Veränderungsdilemma. Als Geschäftsführer:in, als Führungskraft und Mitgestalter:in im Unternehmen gilt es einerseits funktionierende Geschäftsmodelle zu erhalten bzw. das Kerngeschäft zu sichern, und gleichzeitig neue innovative Geschäftsmodelle zu erschließen bzw. zu entwickeln.
Meiner Erfahrung nach wissen die Entscheider:innen schon häufig was getan werden muss und tun sich mit der Umsetzung, also der Frage danach wie man durch solche Transformationsprozesse navigiert sowie dem damit verbundenen Umgang mit Veränderungsrisiken tatsächlich viel schwerer.
Unternehmen streben nach einem für sich passenden und stabilen System, welches sich über die Zeit aus Lernerfahrungen inkrementell anpasst. Man stellt nun also fest, dass das bekannte System nicht mehr zukunftsfähig ist und braucht ein neues System, das in der Zukunft mit den ökonomischen, ökologischen und sozialen Gegebenheiten funktioniert.
Es wird eine disruptive Veränderung benötigt, auf die sich Organisation häufig erst dann einlassen, wenn das nichts tun höhere Risiken trägt, als sich auf einen ernstgemeinten Transformationsprozess einzulassen.
Der Weg ist also von einem stabilen System über einen instabilen Transformationsprozess, hin zu einem zukunftsfähigen, ebenfalls nach Stabilität suchenden Systems. Sich frühzeitig und proaktiv und nicht aus Zugzwang bewusst für einen Kurswechsel zu entscheiden, erfordert Weitsicht sowie Mut.
Bei Transformationsprozessen besteht häufig die Sorge, plötzlich alles anders machen zu müssen und die Mitarbeitenden zu überfordern. Wie bringt man also die „alte“ und „neue, gewünschte Welt“ zusammen? Das folgende Beispiel liefert einen Einblick wie dies geschehen kann.
Wie agiert man also in einem Transformationsprozess zwischen zwei Systemen?
Um Transformationsprozesse entschieden, aber dennoch behutsam anzugehen dient das Beispiel der „Beidhändigkeit“ von Bosch, wo die Aufgabe der Führung zwischen zwei Betriebssystemen, der effizienten Business-Execution und der schnellen Business-Adaption beschrieben wird.
Wir haben in Unternehmen gelernt effiziente Business-Execution zu perfektionieren und Organisationsformen nach dem Prinzip der Linienorganisation entwickelt. Somit haben sich Systeme mit starren Hierarchieebenen und klarer Arbeitstrennung durchgesetzt, die eher die Arbeit nach Vorschrift begünstigen als das Mitgestalten der Mitarbeiter:innen in Eigenverantwortlichkeit.
Aufgaben, mit denen sich Organisationen den Veränderungsthemen stellen müssen, werden immer komplexer und sind miteinander verwoben. Systemische Intelligenz, also das Wissen aus der eigenen Organisation vernetzt nutzen, ist eine der großen Aufgaben anpassungsfähig als Organisation zu sein.
Agilität beschreibt die Fähigkeit sich an Veränderungen proaktiv und nicht nur reaktiv anpassen zu können. Das agile, adaptive Managementverständnis verlangt ein Umdenken der Strukturen und Prozesse sowie ein Umdenken der Zusammenarbeit als solche und wird im Kontext von New Work ausgiebig diskutiert.
Was bedeutet es also, Transformation entschieden, aber mit Bedacht anzugehen?
Die richtungsweisende Entscheidung liegt in der neuen strategischen Ausrichtung der Organisation. Welche Vision und Ziele verfolgt werden und ob diese das Thema der gewünschten Veränderungen erfolgreich aufgreifen, zeigt, ob das Vorhaben mit dem notwendigen Willen angegangen wird.
Die Herausforderung liegt darin, ein Gleichgewicht zwischen effizienter Business-Execution und einer interaktiven Business-Adaption zu finden. Hierfür braucht es einen dezidierten Überblick darauf, welche Anforderungen es an die unterschiedlichen Bereiche der Organisation gibt, bzw. wie sich die Anforderungen verändert haben und in Zukunft verändern werden. Besteht ein klares Bild der Ist-Situation über die Stellschrauben in den unterschiedlichen Organisationsbereichen, so kann ein gemeinsames Führungsverständnis bezüglich der Handhabe, zwischen der effizienten und adaptiven Abläufe, für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Organisation entstehen.
Wie erreiche ich eine Unternehmenskultur, die positiv mit Veränderungen umgeht?
Der Umgang und die Haltung gegenüber Veränderung ist entscheidend dafür, ob man sich als Unternehmen innovieren und weiterentwickeln kann oder nicht. Wir müssen akzeptieren, dass wir in einer Zeit leben, in der uns rasche Veränderungen stets begleiten werden und unser Umgang mit Veränderung ein Teil der Unternehmensstrategie und -kultur werden muss. Eine neue Ausrichtung eines Unternehmens braucht daher immer eine entsprechende Unternehmenskultur, die Mitarbeiter:innen müssen an die Ziele des Unternehmens glauben, und das Erreichen der Ziele aktiv mitgestalten wollen und dürfen.
Ein hilfreicher Startpunkt kann eine Evaluation der Unternehmenskultur und des agilen Reifegrads in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen bieten. Sie ermöglicht es, relevante Handlungsfelder sichtbar zu machen und in Gesprächen mit den Führungskräften aus den unterschiedlichen Unternehmensbereichen passgenaue Ziele und Maßnahmen zu formulieren. Aussagen wie „alle müssen jetzt agil und kund:innenzentriert arbeiten“ klingen erstmal gut, ergeben aber nicht in allen Unternehmensbereichen Sinn bzw. brauchen eine unterschiedliche Abstufung in der konkreten Umsetzung.
Gefestigte Glaubenssätze und Routinen müssen teilweise umgelernt werden und das fällt Mitarbeitenden auf allen Hierarchieebenen schwer und erzeugt teilweise Widerstände. Der richtige Umgang mit Widerständen ist deshalb von zentraler Bedeutung für das Gelingen des Transformationsprozesses.
5 Ansatzpunkte für einen erfolgreichen Umgang mit Widerständen
Vorab sei nochmal gesagt, dass die Art und Weise des Umgangs mit Widerständen Transformationsprozess für einen erfolgreichen Kulturwandel entscheidend sein wird.
Häufig wird der Fokus falsch gesetzt. Laute Mitarbeitende, die Veränderungen ablehnen und mit Fehlverhalten auffallen, bekommen zu viel Aufmerksamkeit. Das kostet Energie und steht häufig nicht im Verhältnis zu den vielen Mitarbeitenden, die das Unternehmen aktiv mitgestalten.
Gewünschtes Verhalten sollte daher wertgeschätzt und bekräftigt werden und Fehlverhalten sollte möglichst wenig Raum und Aufmerksamkeit bekommen.
Durch die folgenden Maßnahmen wird der Fokus auf positive Entwicklungen gelenkt und die Motivation in einem langen Transformationsprozess gehalten.
- Klare Kommunikation
- Gerüchte unbedingt vermeiden, indem Ziele und Maßnahmen des Transformationsprozesses transparent kommuniziert werden.
- Einbeziehen der Mitarbeitenden und Unterstützung der Führungskräfte
- Stress und Ablehnung entsteht besonders dann, wenn Kontrolle verloren geht. Um Widerstände zu vermeiden, müssen Mitarbeitende mitgestalten können. Die Ziele und Maßnahmen sollten daher in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Führungskräften definiert und umgesetzt werden. In der Umsetzung gilt es Mitarbeitende auf allen Hierarchieebenen zu befähigen bzw. zu unterstützen.
- Zeit geben
- Veränderung braucht überzeugte Mitarbeiter:innen und viele Organisationen verpassen es, die Mitarbeiter:innen frühzeitig für das Vorhaben zu gewinnen, da mögliche Konfliktgespräche vermieden werden. Die Zeit, die man nachgehend in Überzeugungsarbeit stecken muss, überschreitet den Aufwand einer transparenten und partizipativen Herangehensweise von Beginn an deutlich.
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- Die Umsetzung der Maßnahmen sollte einer langfristigen und zielgerichteten Entwicklungsperspektive folgen. Es gilt daher, operative Hektik und Maßnahmen ohne klare Entwicklungsperspektive zu vermeiden, damit Mitarbeitende das Handeln nicht als willkürlich werten und verunsichert sind.
- Vermeidung von internem Wettbewerb
- Ein erfolgreicher Transformationsprozess wird gemeinsam getrieben. Gegenseitige Unterstützung wird durch Erfahrungs- und Lernaustausch (zwischen allen Organisationsbereichen) in regelmäßigen Abständen unterstützt. Ein interner Wettbewerb wird eine kooperative und vernetzte Zusammenarbeit im Keim ersticken und den Transformationsprozess deutlich erschweren.
- Vorteile aufzeigen und erlebbar machen
- Die Vorteile, welche sich beispielsweise aus einer vernetzten Zusammenarbeit und verbesserten Kundenzentrierung ergeben, sollten aufgezeigt und erlebbar werden. Die Übergangsphase ist zunächst mit Unsicherheiten und Mehraufwand verbunden. Deswegen ist das Teilen von Erfolgserlebnissen und von Best-Practices in dieser Phase für die Motivation der Mitarbeitenden äußerst wichtig.
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